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P2: Auflösung, Regeneration und Funktionalisierung lignocellulosischer Formkörper

Dissertant:Marco BEAUMONT (BOKU)
Betreuer:Thomas ROSENAU (BOKU)
Ko-Betreuer:

Antje POTTHAST (BOKU)

Markus BACHER (BOKU)

Wirtschaftspartner:Lenzing AG

Hintergrund

Die Zellwände von verholzten Pflanzen gehören zu den hochkomplexes Wunderwerken der Natur. Trotz umfangreicher Forschungsaktivitäten auf diesem Gebiet in den letzten Jahrzehnten, die darauf abzielten, die komplexe Interaktion der Holzkomponenten aufzuheben, um Cellulose zu gewinnen, sind wir nach wie vor weit davon entfernt, die Chemie dieser komplexen Struktur im Detail zu verstehen. Ein wichtiges Problem in diesem Zusammenhang ist das Verständnis von hochgequollenen Zuständen der Cellulose. Aufgrund der Struktur ist Cellulose in der Lage, ein Vielfaches seines eigenen Gewichtes an Wasser einzulagern. Die analytische Beschreibung und vor allem die Beurteilung der Reaktivität solcher Cellulosen stellt dabei eine besondere Herausforderung dar. Der gequollene Zustand, den man im Extremfall auch als Gelzustand beschreiben kann, spielt bei vielen Prozessschritten zur Verarbeitung von Cellulose, wie zum Beispiel bei der Papier-, Faser- oder Derivatproduktion, beim Auflösen von Cellulose oder auch beim Wiederausfällen (Spinnen) eine zentrale Rolle. Eine chemische Derivatisierung im hochgequollenen Zustand der Cellulose erhöht die Reaktivität einer Reihe von Reaktionen in einem hohem Maß, da die Zugänglichkeit der einzelnen funktionellen Gruppen deutlich ansteigt. Allerdings ist man auf chemische Reaktionen beschränkt, die in wässrigen Medien ablaufen. Für viele Reaktionen der organischen Synthesechemie ist das Vorhandensein von Wasser allerdings kontraproduktiv oder sogar ein Ausschlusskriterium. Würde es gelingen, den hochreaktiven Zustand der Cellulose in wässrig-gequollenen Zustand in eine nicht-wässriges Medium zu überführen, kann man sowohl den Effekt der erhöhten Reaktivität und Zugänglichkeit des Aquogels als auch die komplette Palette synthetisch-organischer Reaktionen in organischen Lösungsmitteln nutzen.

Hier bieten sich zwei Lösungen an: Entweder man arbeitet im Zustand des wässrig-reaktiven Gels und findet Derivatisierungsschritte und Reagentien, die die entsprechende Menge Wasser tolerieren oder es gelingt, die Gelstruktur in organische Medien zu überführen, ohne die Reaktivität und erhöhte Zugänglichkeit des Gels zu verlieren. Das vorliegende Projekt wird beide Möglichkeiten näher untersuchen, um letztlich neuartige Modifikationen an cellulosischen Gelen zu erarbeiten und zu einem verbesserten Strukturverständnis der Cellulosegele zu gelangen. 

Hypothesen

1. Der hochgequollenen Zustand eines Cellulosegels ist hoch reaktiv und bietet deutliche Vorteile bei chemischen Reaktionen im Vergleich zum klassischen nicht/gering gequollen Zustand. 

2. Chemische Bindungen zwischen Lignin und Cellulose (lignin-carbohydrate complexes) und induzierte Vernetzungsreaktionen können genutzt werden, um Eigenschaften von Gelen gezielt zu beeinflussen.

3. In wässrigen Systemen können Reaktionen auf Basis der "Klick-Chemie” eingesetzt werden, welche als breite Basis für Folgereaktionen und damit für neuartige chemische Modifikationen von Cellulose dienen können.

4. Der reaktive wässrige Gelzustand kann ohne drastischen Verlust von Reaktivität und Zugänglichkeit in ein Gel in einem nicht-wässrigen organischen Lösungsmittel (Solvogel, speziell Alkogel) überführt werden, ebenso durch Trocknung in überkritischen CO2 in Aerogele, die nach Trocknung eine intakte Porenstruktur aufweisen. 

5. Cellulosische Solvogele können mit einer breiten Palette von chemischen Derivatisierungen modifiziert werden, so dass die Produkte ganz spezielle Oberflächeneigenschaften (z.B. hydrophil oder hydrophob) oder Funktionalitäten (Ankergruppen) aufweisen. 

Methodik

Cellulosische Aquogele: Zur Herstellung kommen vor allem physikalische Methoden zum Einsatz:  (Nano)fibrillation, Ultraschall und Mahlung sowie Gele aus Bakteriencellulose und alkali-gequollenen Cellulosen. Die Oberfläche von Mikrofibrillen ist hochpolar, ein Vorteil bei der Ausbildung des Gelzustandes. Die Struktur des Wasserstoffbrückennetzwerkes spielt dabei eine wichtige Rolle. Diese Struktur soll dabei mittels spektroskopischen Methoden (NMR) und Chromatographie (GPC, LS) näher untersucht werden. 

Im Falle von Aquogelen wird die chemische Hydrophilization über Oxidationsmethoden verwirklicht (Bestrahlung, Ozone, Wasserstoffperoxid, TEMPO und Periodat-Oxidation). Oxidationen sind in der Lage, Säurefunktionalitäten einzuführen, welche die Hydrophilität deutlich erhöht. Die Ausrüstung der Oberfläche mit wasserabweisenden, hydrophoben Eigenschaften wird durch thermische Behandlung erzeugt. Hitzeeinwirkung ruft dabei einen Effekt hervor, der als „Verhornung“ bezeichnet wird, eine komplexe Abfolge von Prozessen, die meist auf Dehydratisierung und Ausbildung von Etherbindungen zurückgeführt wird. Der Effekt der Verhornung kann durch zusätzliche Carbonylgruppen an der Oberfläche verstärkt werden. Alkylamine oder Fettsäuren, die an der Oberfläche angebracht werden, führen ebenso zu verstärkter Hydrophobizität. Die Veränderungen des H-Bindungsnetzwerkes beim Quellen, Regenerieren und bei Überführen in den Zustand des Solvo- oder Alkogelen werden mit einer Kombination von NMR-Spektroskopie und Isotopenmarkierung (13C-perlabeling) untersucht. Die markierten Substrate sind dabei sowohl Modellverbindungen als auch Cellulosen (Cellulose I und II). Die Experimente erlauben dabei auch Aussagen über Vernetzungsreaktionen auf molekularer Ebene. Alle Techniken sind am Department für Chemie, Abteilung für Chemie nachwachsender Rohstoffe, am UFT in Tulln verfügbar. 

Literatur

Liebner F, Haimer E, Wendland M, Neouze MA, Schlufter K, Miethe P, Heinze T, Potthast A, Rosenau T (2010) Macromol. Bioscience, 10(4), 349-352. 

Yoneda Y, Mereiter K, Jäger C, Brecker L, Kosma P, Rosenau T, French A (2008) J. Am. Chem. Soc., 130(49), 16678-16690. 

Potthast A, Kostic M, Schiehser S, Kosma P, Rosenau T (2007) Holzforschung, 61(6), 662 – 667. 

Erwartete Ergebnisse

1. Entwicklung eines verlässlichen und fundierten Protokolls zur Oberflächenmodifikation, basierend auf chemischen (Derivatisierung) und physikochemischen Behandlungen (thermische Behandlung nach Oxidation), sowohl für hydrophile als auch für hydrophobe Oberflächen cellulosischer Formkörpern, basierend auf wässrigen Aquogelen. 

2. Entwicklung einer NMR-Methodik, die ein Verfolgen des jeweiligen Reaktionserfolges und die Charakterisierung von Veränderungen des H-Bindungsnetzwerkes ermöglicht. 

3. Analytische Beschreibung der Vernetzung von Zellwandkomponenten auf molekularer Ebene.

Beiträge zum Programm

Das vorliegende Projekt soll einen Beitrag zur nachhaltigen stofflichen Nutzung von Holz mit gesteigerter Wertschöpfung liefern. Dabei sollen die vorhanden Möglichkeiten zur Derivatisierung von cellulosischen Materialien verbessert werden.